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Konsumentenrente
4.1.3.2 Produzentenrente
Optimalität des Gleichgewichts

Im Unterschied zur Konsumentenrente, die nur über die Reservationspreise (= Zahlungsbereitschaften) der Konsumenten ermittelt werden kann, handelt es sich bei ihrem Pendant "Produzentenrente" um ein einfaches Konstrukt. Im Kern ist sie nichts anderes als der Gewinn der Unternehmen. Die zentrale Aussage, die man sich merken sollte, lautet:

Die Produzentenrente misst die Gewinne der Unternehmen in einem Markt.

Hundertprozentig korrekt ist das nicht. Dennoch wird die Formulierung allgemein akzeptiert. Wir betrachten das gleich noch etwas genauer.

Mit der Konsumentenrente hat die Produzentenrente mehrere Gemeinsamkeiten:

Der Reservationspreis der Produzenten ist das Gegenstück zur Zahlungsbereitschaft der Konsumenten. Es ist der Preis, den ein Produzent mindestens erzielen muss, damit er bereit ist, ein Produkt (in der jeweiligen Menge) anzubieten. Wie wir aus den Überlegungen zum Angebots wissen, muss der Anbieter mindestens die zusätzlich anfallen Kosten decken können. Der Reservationspreis für eine bestimmte Angebotsmenge entspricht also den Grenzkosten. Erzielt der Anbieter einen höheren Preis, so entsteht Produzentenrente.

Ein Zahlenbeispiel soll das verdeutlichen: Ein Anbieter sei in Lage, zwei Stück eines Gutes pro Tag herzustellen. Das erste kann zu Kosten von 50 produzieren, das zweite zu Kosten von 60. Der aktuelle Marktpreis sei 65. Dann erzielt der Anbieter mit dem ersten Stück eine Rente von 15 und mit dem zweiten eine Rente von 5, zusammen also eine Rente von 20. Würde das zweite Stück seine Kosten um 70 steigen lassen, dann wäre sein Reservationspreis für das Stück 70 und er würde es nicht herstellen wollen, wenn er nur einen Preis von 65 erzielt.

Bei kurzfristiger Betrachtung ist es streng genommen nicht zulässig, die Produzentenrente mit den Gewinnen der Unternehmen gleichzusetzen. Die korrekte Formulierung lautet:

Die Produzentenrente misst die Summe der Deckungsbeiträge der Unternehmen in einem Markt.
Mitdenken
Von Natur aus sind Menschen unterschiedlich schön und talentiert. Nennen Sie markante Beispiele, in denen sich Schönheit und Talent in hohen Produzentenrenten niederschlägt!

In der Angebotsfunktion erkennen wir die Preise, zu denen die Anbieter die jeweiligen Mengen auf den Markt bringen wollen - also ihre Reservationspreise. Liegt der tatsächliche Preis darüber, erzielen Sie eine Rente. Wenn die Anbieter - entgegen unserer üblichen Annahme - unterschiedliche Kosten haben, erzielen Anbieter mit geringeren Kosten natürlich höhere Renten.

Die Produzentenrente erkennen wir im Marktdiagramm als Fläche unterhalb des Preises, aber oberhalb der Angebotsfunktion. In diesem Zusammenhang sei noch einmal darauf hingewiesen, dass man im Marktdiagramm Kosten und Gewinne als Flächen erkennen kann. Die Fläche unter der Angebotsfunktion, die ja mit der (aggregierten) Grenzkostenphpktion übereinstimmt, zeigt die variablen Kosten. Dass sie nicht die gesamten Kosten anzeigt, liegt formal daran, dass die Grenzkostenfunktion die erste Ableitung der Kostenfunktion ist und bei der Ableitung die Fixkosten herausfallen. Betrachten Sie noch einmal das Zahlenbeispiel, wenn Ihnen dieser Zusammenhang nicht klar ist.

Abbildung 1
Die Produzentenrente entspricht in der kurzfristigen Betrachtung dem Deckungsbeitrag, in der langfristigen Betrachtung dem Gewinn der Unternehmen. Da die Fläche unter der Angebotsfunktion die (variablen) Kosten der Unternehmung zeigt, kann man die Höhe der Produzentenrente an der Fläche zwischen Preisgerade und Angebotsfunktion ablesen.

In Abbildung 1 ist die Produzentenrente eingezeichnet. Anstelle mit "Produzentenrente" hätten wir die blaue Fläche auch mit "Deckungsbeitrag" beschriften können. Bei langfristiger Betrachtung hätten wir auch die Beschriftung "Gewinn" wählen können, denn auf lange Sicht sind alle Kosten variabel, sodass Deckungsbeitrag und Gewinn übereinstimmen.

Da auf lange Sicht das Angebot aber zunehmend elastischer wird, kann es bei vollkommener Konkurrenz keine dauerhafte Produzentenrente geben. Langfristig produzieren die Unternehmen im Betriebsoptimum und die Angebotsmenge wird durch die Zahl der Unternehmen im Markt bestimmt. Geht die Nachfrage zurück, so muss sich die Zahl der Unternhemen vermindern. Umgekehrt werden Unternehmen in den Markt eintreten, wenn die Nachfrage zunimmt. Bei einer waagerechten Angebotsfunktion in Höhe des Preis p1 in Abbildung 1 würde die blaue Fläche offensichtlich verschwinden. Der Preis fiele mit den Grenzkosten zusammen. Es entstünde keine Rente mehr.

Es sei noch einmal an den Gewinnbegriff erinnert: Wenn die Produzentenrente null ist, heißt das zwar, dass die Unternehmen keinen Profit machen, aber alle Produktionsfaktoren - auch die unternehmerische Leistung - immer noch marktgerecht entlohnt werden.

Nochmal mitdenken
Sie verfügen über ein kleines Vermögen. Was könnte sie bewegen, bei zwei alternativen Projekten in das mit dem höheren Risiko zu investieren? Über welchen Weg findet Ihre Risikoneigung Eingang in die Kosten der Unternehmen?

Langfristig ist eine Produzentenrente also nur möglich, wenn die Begrenztheit irgendeiner Ressource dazu führt, dass auch die langfristige Angebotsfunktion eine positive Steigung zeigt, m.a.W. nicht vollkommen elastisch ist. Das wäre z.B. schon dann der Fall, wenn es nicht genügend risikobereite Menschen gäbe, die das Unternehmertum wagen wollten. Erst wenn zunehmende Risikioprämien winken, kann das Angebot ausgeweitet werden. Die ansteigenden Riskioprämien stellen aber Kosten dar. Die Angebotsfunktion wird also steigenden Verlauf aufweisen. Die Begrenztheit natürlicher Ressourcen oder unterschiedlich verteiltes Wissen (Aufgabe der Annahme vollkommener Information) wären weitere Gründe für eine steigende langfristige Angebotsfunktion. Keine Frage - je realitätsnäher die Annahmen gestaltet werden, desto wahrscheinlicher wird der Fortbestand von Produzentenrente. Umgekehrt formuliert: Je perfekter - im Sinne der Annahmen - die Welt ist, desto besser funktioniert der Konkurrenzprozess und umso weniger beständig sind die Renten. Das ist aber keineswegs problematisch oder gar tragisch, denn Produktion ist nur Mittel zum Zweck. Sie muss zur Maximierung der Wohlfahrt zu geringstmöglichen Kosten erfolgen und wird in der hier betrachteten Modellwelt nicht selbst als Nutzen stiftend betrachtet - was man freilich durchaus diskutieren kann.

Abbildung 2
Die von Preisachse, Angebots- und Nachfragefunktion eingeschlossene Fläche zeigt den Wert des Marktes für alle Marktteilnehmer.

Nun liegt natürlich der Schritt nahe, Produzenten- und Konsumentenrente zusammenzuführen. Da beide in Geldeinheiten gemessen werden, bereitet ihre Aggregation keine Schwierigkeiten. Abbildung 2 zeigt, dass der "Wert eines Marktes" sich aus der Fläche bestimmt, die durch Angebots-, Nachfragefunktion und Ordinate eingeschlossen wird. Vom Wert des Marktes kann man sprechen, da die Summe aus den beiden Renten die Einbuße wären, die alle Beteiligten hinzunehmen hätten, wenn der Markt verboten würde - wobei von allen denkbaren positiven oder negativen Folgewirkungen auf andere Märkte abgesehen wird.

Für den "Wert des Marktes" wird sich kaum jemand interessieren. Das Konzept ist praktisch irrelevant. Zudem lässt sich, wie wir bei der Betrachtung der Konsumentenrente festgestellt hatten, die Gesamthöhe der Konsumentenrente mangels Beobachtungen extremer Preissituationen auch gar nicht bestimmen. Die Gesamthöhe der Renten ist daher allenfalls für theoretische Überlegungen von Bedeutung, wie wir sie glphph zur Optimalität des Marktgleichgewichts anstellen werden.

Viel wichtiger ist der Einsatz des Rentenkonzepts zur Beurteilung von Veränderungen auf Märkten. Dazu muss man nicht die absolute Höhe der Renten berechnen, sondern kommt mit ihren Veränderungen aus. Produzenten- und Konsumentenrente eignen sich z. B. ausgezeichnet, die Auswirkungen wirtschaftspolitischer Maßnahmen auf die Marktparteien zu untersuchen. Wie das prinzipiell funktioniert, betrachten wir in Abb. 3 am Beispiel eines allgemeinen Einkommensanstiegs, der Folge einer guten konjunkturellen Entwicklung sei. Das betrachtete Gut sei superior. Der Einkommensanstieg führt also zu einer Zunahme der Nachfrage.

Abbildung 3
Eine infolge eines Einkommensanstiegs steigende Nachfrage verbessert die Situation der Produzenten auf dem betrachteten Markt. Die Konsumentenrente wird durch gegenläufige Effekte beeinflusst; einerseits steigt die Zahlungsbereitschaft, andererseits aber auch der Preis. Der Übersichtlichkeit halber sind nicht alle Teilflächen beschriftet.
... und noch einmal mitdenken
Je unelastischer das Angebot, desto stärker lässt ein Anstieg der Nachfrage die Produzentenrente ansteigen.

Warum?

Wir erkennen zunächst bei den Produzenten ausschließlich positive Effekte. Ihre Gewinnsituation verbessert sich. Zum einen steigen die Preise für die in schon in der Referenzsituation hergestellten Mengen, zum zweiten entsteht auch noch zusätzliche Rente aus dem Produktionsanstieg von x1 auf x2 . Bei den Konsumenten ist das Bild nicht so klar. Ihre höhere Zahlungsbereitschaft lässt die Konsumentenrente ansteigen. Ein Teil ihrer ursprünglichen Rente ist allerdings durch den gestiegenen Preis in Produzentenrente verwandelt worden. Netto gewinnen aber auch die Konsumenten zweifelsfrei hinzu, denn für jede in der Referenzsituation gekaufte Einheit ist die Zahlungsbereitschaft stärker angestiegen als der Preis. Und die neu produzierten Einheiten lassen die Komsumentenrente ebenfalls steigen.

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